Johanna
Meine Tochter Johanna leidet an Mukoviszidose. Wir wurden auf die Krankheit zwar relativ früh, aber eher per Zufall aufmerksam.
Johanna begann bereits in den ersten Wochen nach der Geburt schwallartig zu spucken und nahm nur wenig zu. Da ihr Gewicht sehr unter dem Durchschnitt lag, wurden wir ins Kinderkrankenhaus nach Ravensburg überwiesen.
Dort fragte uns der behandelnde Arzt nach Auffälligkeiten und empfahl schließlich im Schreiben an den Kinderarzt einen Schweißtest. Daraufhin machte ich mich im Internet kundig über die Symptome von Mukoviszidose, da mir selbst auch bereits direkt nach der Geburt Johannas stark salziger Schweiß aufgefallen war. So drängte ich darauf, den Schweißtest zeitnah zu machen. Unsere Befürchtungen wurden bestätigt. Ich hatte zwar auf Grund einer lange zurückliegenden Spendenaktion bereits schon einmal von der Krankheit gehört, brachte es aber nur mit Husten- und Darmproblemen in Verbindung. Wie vielschichtig diese Erkrankung ist und worin die medizinischen Gründe dafür liegen, war mir nicht bekannt.
Natürlich war die Diagnose zunächst ein Schock. Wir wurden sofort vom damaligen Leiter der Ravensburger Ambulanz „aufgefangen“. Er nahm sich so viel Zeit für das erste Gespräch wie wir benötigten, nahm uns gewisse Ängste, beschönigte aber dennoch nichts. Alles in allem war wohl die Zeit bis zur Diagnose und die ersten Wochen danach bisher die schwerste. Zu sehen, dass es seinem Kind nicht gut geht und nicht zu wissen warum, war schrecklich. Ich fühlte mich machtlos.
Mittlerweile durchleben wir zwar immer noch Höhen und Tiefen, aber wir haben dank Medizin, einer guten Betreuung und der sich immer weiter entwickelnden Forschung doch das Gefühl, Halt gefunden zu haben und den Verlauf auch ein Stück weit selbst beeinflussen zu können.
Johanna inhaliert mittlerweile zwei Mal am Tag. Zusätzlich bekommt sie drei verschiedene Vitaminpräparate. Wir achten auf eine möglichst gesunde, gewichtsfördernde Ernährung, viel Bewegung und frische Luft. Vor Allem Besuche im Frei- oder Hallenbad und Trampolinspringen sind bei Johanna sehr erfolgreich. Alle drei bis vier Wochen gehen wir gemeinsam eine Stunde zur Physiotherapie nach Biberach, vierteljährlich zur Kontrolle in die Ambulanz nach Ulm.
In Johannas Alltag macht sich die Mukoviszidose besonders beim Essen bemerkbar. Zu Hause ist die Kreongabe Routine geworden. Im Kindergarten zum Beispiel muss alles stets berechnet und organisiert sein. Hier bekommen wir sehr gute Unterstützung durch die Erzieherinnen. Schwierig sind im Moment auch noch alle Unternehmungen, bei denen keine „eingeweihte“ Person dabei ist. Kurz Mal ein paar Kekse oder ein Eis ist ohne Berechnung des Kreons nicht möglich. Dies wird erst mit zunehmendem Alter und Selbstständigkeit von Johanna besser werden.
Ein weiterer einschränkender Punkt sind Unternehmungen, die die Hygiene betreffen. Ein Besuch im örtlichen Badesee ist beispielsweise bei uns tabu. Seifenblasen mit Fertigmischungen, Gummispritztiere, stehendes Wasser und somit größere Planschbecken – all das versuchen wir zu vermeiden. Dies betrifft leider nicht nur Johanna sondern ihren Bruder Rafael ebenso. Johanna kennt es nicht anders, aber Rafael muss doch auf einiges verzichten, sich in vorgegebene Strukturen und Abläufe einfügen und tritt automatisch ein Stück zurück, wenn Johanna und ihre Krankheit wieder einmal in den Vordergrund geraten. Auch das stellt vermutlich auf Dauer eine gewisse Herausforderung dar.
Über Johannas Zukunft versuchen wir so wenig wie möglich nachzudenken. Ich denke, dass ein zu sorgenvoller Blick in die Zukunft nur Kräfte bindet, die wir dringend an anderer Stelle benötigen. Aber natürlich gibt es immer wieder Momente, in denen uns doch Zukunftssorgen wieder einholen und uns kurzzeitig einen „Dämpfer“ verpassen.Aber letztendlich können wir doch nur das, was wir tun können ernst nehmen und allem anderen seinen Lauf lassen.
Ich denke, dass uns die Hoffnung hier ein ganzes Stück weit trägt.
Nina, 24.06.2015